Schwarz Rot Gold
Schwarz-Rot-Gold waren die Farben der nach 1815 entstandenen deutschen National- und Freiheitsbewegung (Vormärz). Zum ersten Mal prominent gezeigt wurden sie auf dem Hambacher Fest 1832, um die Forderung nach einer Republik zu unterstreichen. Noch vor der Märzrevolution 1848 waren die Farben vom Gesandtenkongress des Deutschen Bundes – der Bundesversammlung – zu offiziellen Bundesfarben erklärt worden, was die Frankfurter Nationalversammlung im November 1848 übernahm (Paulskirche). Mit dem Scheitern der Revolution verschwanden die schwarz-rot-goldene Farben aus dem öffentlichen Leben, ohne jedoch gänzlich verbannt zu werden. Preußen bestimmte nach der Reichsgründung 1871 Schwarz-Weiß-Rot zur Nationalflagge. Dieselben Farben hatten ab 1866 als Hoheitszeichen des Norddeutschen Bundes bereits die Schiffe der Kriegs- und Handelsmarine geziert.
Als Nationalflagge wurden die schwarz-rot-goldenen Farben 1919 in der Weimarer Republik eingeführt, allerdings gegen den Widerstand der nationalen Kräfte. Diese wollten die preußischen Farben Schwarz-Weiß-Rot beibehalten und erreichten in einem Kompromiss, dass sie zumindest weiterhin die Handelsflagge schmücken sollten (mit einem schwarz-rot-goldenen Emblem in der linken oberen Ecke). Das Emblem verschwand beim Machtantritt der Nationalsozialisten, die 1933 die alte Reichsflagge wieder einführten und sie 1935 durch die Hakenkreuzflagge in denselben Farben ersetzten.
Während der sich über mehrere Jahre hinziehende Flaggenstreit in der Weimarer Republik die politische Zerrissenheit in der ersten deutschen Demokratie widerspiegelte, war die Wiedereinführung der schwarz-rot-goldenen Farben in der Bundesrepublik unumstritten. Sie ist – anders als Hymne und Feiertag – im Grundgesetz (in Artikel 22) geregelt. Die DDR schloss sich an, fügte aber ab 1959 zusätzlich ihr Staatswappen in die Flagge ein: Hammer und Zirkel, umgeben von einem Ährenkranz. Als die Ostdeutschen nach dem Mauerfall auf die Straße gingen, um für einen möglichst schnellen Anschluss an die Bundesrepublik zu demonstrieren, taten viele das mit DDR-Fahnen, aus denen das Wappen herausgeschnitten war. Entsprechend unstreitig war die Übernahme der schwarz-rot-goldenen Farben im wiedervereinigten Deutschland.
Mit der Wiedergewinnung der Deutschen Einheit zeichnete sich nach 1990 auch in der alten Bundesrepublik ein unbefangenerer Umgang mit den Nation- und Staatssymbolen ab. Stärker als Hymne und Feiertag wurden dabei die schwarz-rot-goldenen Farben „popularisiert“, wenn auch nicht durchgängig. Anders als das Hissen bleibt das Schwenken der Flagge hierzulande nach wie vor eher verpönt und wird von vielen als Zeichen eines überkommenen Nationalismus betrachtet. Bemerkenswerte Ausnahmen bilden allerdings große Sportereignisse. Dies gilt vor allem für Fußball-Europa- oder -weltmeisterschaften wie das im eigenen Land ausgetragene Turnier 2006, das sich als „Sommermärchen“ auch wegen des schwarz-rot-goldenen Fahnenmeers fest in das kollektive Gedächtnis eingebrannt hat.
© Prof. Dr. Frank Decker (Universität Bonn)